Freitag, 16. Oktober 2015
Das Verständniss und die Wut
Ich war heute in meinem Ausbildungsbetrieb um meine Krankschreibung abzugeben, aber auch, um mich sozusagen "reinschleichen" zu können, mal mit meiner Aubilderin reden zu können.
Frau S., bei der ich meine Krankschreibung abgab, und bei der ich mich frühs auch immer krankmeldete, war gleich wieder ganz besorgt und hat mir angeboten, meine Ausbilderin anzurufen, ob ich zu einem Gespräch zu ihr rüber in die Nähstube kommen könnte.
Als ich dann das Haus mit unserer Nähstube betrat und die Treppen hochlief, hörte ich schon im Treppenhaus E. lachen, und da er eine wirklich ulkige Lache hat, musste ich direkt grinsen, war aber auch gleichzeitig traurig..

Ich stellte mich oben dann in den Türrahmen und sagte Hallo, meine Ausbilderin Frau L. bemerkte mich zuerst, räumte aber grade noch etwas auf.
Dann bemerkten mich meine 2 Mitnäher, der E. und die M., die dirket total erfreut aufsprangen und "Christin! Christiiin!!!" riefen.
Das hatte ich so irgendwie nicht erwartet und war ziemlich überrumpelt von den lautstarken Freudenrufen und dem recht langen (und zerquetschendem) Umarmen.
Ich freute mich ziemlich doll darüber, wie sie mich anscheinend vermisst hatten, aber war erstmal trotzdem recht froh, als mich Frau L. dann in den Ausbilderraum zum Gespräch rief.

Habe mit ihr meine mometane Situation besprochen und was mir Probleme bereitet dort hinzukommen.
Mein erster Besserungschritt war ja schon, in die Ausbildungstätte zu gehen, die Ausbilder, die Auszubildenden zu sehen, damit das ganze kein "großes, böses" Ding wird, und ich irgendwann einfach zu viel Angst vor allem habe um zurückzukehren.

Damit ich die Berufsschulwoche, die nächste Woche anstehen würde, besser schaffen kann, habe ich morgen auch einen Termin um nochmal diesen Stoff nochmal zu klären (habe in de ersten Berufsschulwoche auch 4 Tage gefehlt..)

Danach ging ich nochmal in die Nähstube, weil Frau L. meinte, die beiden Nählehrlinge wöllten mir noch was zeigen.

M. meinte dann also zu mir, sie hätte ihr Nadelkissen jetzt fertig, und hat sich wahnsinnig gerfeut, weil sie es so genäht hat, dass es wie das Zeichen von "Zelda" aussieht.
Ich freute mich mit, wusste aber nicht recht was ich sagen sollte.
Sie erzählte mir, sie hätte ihre Wohnung in Erfurt jetzt. Ich freute mich wieder mit, wusste aber weiterhin nicht recht was ich dazu eigentlich für eine Meinung habe..
Am Ende drücken mich beide nochmal fest, vor allem M. wollte wohl unbedingt, dass mir die Augen doch noch rausploppen, aber es war echt schön.
Allerdings auch meilenweit weg von mir..

Ich lief die Treppen runter und wieder durch den leichten Nieselregen und fragte mich, was da grade passiert ist. Und plötzlich hatte ich die Antwort:
Ich habe eigentlich keine Lust, mir schöne Geschichten von den beiden anzuhören. Ich habe keine Lust, mir nette Sachen erzählen zu lassen, zu sehen wie sie ihren Alltag durchhalten.
Ich bin sauer.
Stinksauer.
Wütend auf alle, die bekommen, was ich nicht bekomme.
Sauer auf alle, die ihr Leben grade so leben können, wie ich es gerne würde.
Wütend, dass die beiden gut drauf, fröhlich sind, vielleicht auch etwas ausgelaugt, aber trotzdem irgendwie okay.
Also erzählt mir keine doofen Geschichten über euer doofes Leben, das ICH gerne hätte.

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Ich verstehe dich ziemlich gut, bei mir ist es manchmal so, dass ich aus Neid meinen Freunden oder Verwandten, oder irgendwelchen Leuten tolle Erlebnisse einfach nicht gönnen kann. Man denkt sich immer, warum ist das nicht mir passiert? usw.

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Neja..~
Ich weiß nicht so genau, aber bei mir ist es glaube ich kein Neid. (oder ich sehe es einfach nur nicht so?)
Ich wünsche eigentlich jedem das Beste und es ist toll wenn es ihnen gut geht! Aber ich will dann einfach nichts..mit ihnen zu tun haben..zu diesen Zeiten.. wenn es bei mir nicht gut läuft..
Ich bin dann einfach wütend auf sie.
Aber nicht neidisch. Ich meine irgendwie könnte man das schon so auffassen..aber.. Ich glaube ich bin es nicht. Denn ich finde es trotzdem immer gut, wenn ihnen etwas gutes widerfährt und sie allgemein glücklich sind.
Nur hören will ich es eben nicht unbedingt, und vor allem will ich keine positive, glückliche Antwort geben müssen.

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Du sagst, die hätten das Leben, dass du gerne hättest. Hört sich für mich nach Neid an.

Aber bist du denn sicher, dass du das Leben willst, das die anderen führen? Es scheint mir nicht so.

Es scheint mir, dass du sauer auf die anderen bist, weil sie in dem Leben, dass du eigentlich unattraktiv findest, zufrieden sind.

Du bist noch jung. Ich fand es damals schwierig, mich für etwas zu entscheiden, das ich dann die nächsten 50 Jahre machen sollte. Nichts schien mir so interessant. Und du scheinst dich schwer damit zu tun, etwas über längere Zeit durchzuhalten. Das macht es für dich nicht gerade leicht.

Gibt es etwas, was du selber gerne möchtest?

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Hmm, guter Kommentar.
Da musste ich erstmal drüber nachdenken.

Hmm tatsächlich bin ich wohl neidisch. Obwohl mir wütend als Begriff immer noch mehr zusagt und sich richtiger anfühlt. Aber wenn, dann bin ich jedenfalls nicht neidisch auf ihr Glück oder auf die Art, wie sie ihr Leben verbringen.
Sondern auf ihre (normal Ausgeprägte) Durchhaltekraft, mit der sie einfach alles besser hingekommen als ich..obwohl ich doch auch gut bin!
Hätte ich mehr Durchhaltekraft..eine normalere körperliche und/oder geistige Beschaffenheit..(ich weiß nicht so genau an was von beidem es liegt).. dann würde ich mir mein Glück und meine Gute Art zu Leben selbst besorgen!

Tatsächlich finde ich die Modenäherausnildung nicht grade erstrebenswert..Irgendwie..möchte ich immer noch Physiotherapeutin werden..

Ich möchte viele Sachen.. Aber die meisten Dinge hake ich jetzt gleich von vornherein als "für mich nicht schaffbar" ab und lasse es gut sein..
Und daraus ergibt sich dann der Traum, am liebsten in Ruhe gelassen zu werden, sich um nichts kümmern zu müssen (finanziell und menschlich) und mein Leben - wenn ich nichts ertragreiches schaffe - einfach recht unkompliziert in Eigenverantwortung zu verbringen.
Aber da funkt dann eben das "du musst Geld verdienen" dazwischen. Und das machen und versuchen zu müssen, macht mich unglücklich. Weil ich immer wieder an meinen Grenzen hängen bleibe.

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"Für mich nicht schaffbar"...
... ist überhaupt keine gute Denkweise.
Das mag vielleicht nach klischeehaftigem bla klingen, aber du weist nie was du alles schaffen kannst, wenn du es nicht wenigstens versuchst.
Was hat man denn zu verlieren?
Außer du willst es nicht so sehr, dass es das Versuchen wert wäre...

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Ich habe leider schon viele Erfahrungen gemacht, was das "nicht schaffen" betrifft.
Und vor allem kenne mich selbst sehr gut, und weiß das die meisten Dinge nicht klappen werden.
Ich bin ein hoffnungsloser Fall wie mir scheint..

Glücklich sein kann ich trotzdem. Damit diese Unterhaltung jetzt nicht so ins Negative geht. Aber ich schaffe den "normalen Alltag" einfach nicht, so siehts mal aus. Egal ob es die Ausbildung meiner Träume ist oder irgendeine beliebige. Es geht bei mir nicht um die Motivation, sondern ums machen. Und egal wie sehr mir etwas gefällt, ich kann es irgendwann nicht mehr machen. Trauriges Ende der Geschichte.

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